Samstag, 18. Mai 2013

http://www.pu-aktuell.de/pua2013/Staatenbildungsprozess.htm

 

Elçin Kürşat:

Deutscher und türkischer Staatenbildungsprozess

Ein Vergleich

Der Leitfaden dieses Aufsatzes ist der Vergleich der Staaten- und Nationenbildungsprozesse in Deutschland und in der Türkei. Lassen sich denn beide Länder überhaupt miteinander vergleichen? Ich wage zu behaupten, dass die Historien der beiden Staaten große strukturelle Parallelitäten aufweisen, auch wenn sie manchmal zeitlich verschoben erscheinen. Die Ähnlichkeiten und nicht die offensichtlichen Unterschiede sind im Folgenden mein Thema:
Sowohl Deutschland als auch die Türkei wurden im Vergleich zu vielen anderen europäischen Staaten sehr lange, bis zum Ende der zweiten Dekade des 20. Jahrhunderts, soziologisch betrachtet, absolutistisch regiert, auch wenn sie formal konstitutionelle Monarchien waren. Insbesondere die politische Schwäche des Bürgertums prägte die beiden Gesellschaften und ihre politischen Systeme. Die Persönlichkeitsstruktur der Deutschen und Türken war auf diese über Jahrhunderte ungebrochene absolutistische Tradition abgestimmt. Modelle des Obrigkeitsstaates, des Befehlens und Gehorchens und der scharfen Über- und Unterordnungsverhältnisse machten sich im Verhalten der Beamtenhierarchie. der Polizei[1], aber auch in der Familie fühlbar, denn die autoritäre Familienstruktur, die in der Bundesrepublik erst in den siebziger Jahren gebrochen werden konnte, steht in engstem Zusammenhang mit der autoritären Struktur des Staates.[2]
Deutschland und die Türkei waren beide verspätete Nationen,[3] In [215] beiden Gesellschaften kam die primäre Triebkraft zur Herausbildung des Nationalismus als Glaubenssystem aus der zwischenstaatlichen Sphäre, sei es aus der gemeinsamen Furcht um die Integrität und das Überleben der eigenen Gesellschaft, sei es aus dem Wunsch nach einer Erhöhung der Macht, ihres Status und Prestiges im Verhältnis zu anderen Staaten, und nicht zuletzt als Instrument der Herrschaft - wie bei allen Nationalismen. In beiden Gesellschaften entwickelte sich faktisch eine integrale Form des Nationalismus[4] über eine Epoche der Gewaltbejahung.[5] Es ist kein Zufall, dass die ersten beiden Massenvernichtungen ethno-religiöser Minderheiten, an Juden und Armeniern, von Nationalstaaten des 20. Jahrhunderts auf den von ihnen beherrschten Territorien stattfanden.
Der Charakter nationalistischer Ideen lässt sich nicht allein aus dem Studium der Ideengeschichte, d. h. aus den Schriften der Denker und Ideologen ableiten. Entscheidend ist die Genese der innergesellschaftlichen und zwischenstaatlichen Machtverhältnisse. Darauf möchte ich sehr skizzenhaft und punktuell eingehen./Beide Staaten haben ein Zeitalter der imperialen Größe und Macht erlebt und wieder eingebüßt. Diese Epoche konstituierte in beiden Gesellschaften ein rückwärts orientiertes »Wir-Ideal«,[6] das nach der Wiederherstellung der verlorenen Größe und Vormachtstellung trachtete. Angehörige der Staaten, die ihren Anspruch auf den höchsten Rang verlieren und einen Machtabstieg erleben, erfahren eine kollektive Herabsetzung ihres Selbstwertgefühls.
Immer wieder fühlten sich die Vertreter der beiden Staaten von verschiedenen Seiten ihrer Staatsgrenzen bedroht. Bei dem Abbröckeln von Randgebieten, die sich als unabhängige Staaten etablierten, sind die' Schweiz und die Niederlande frühe Beispiele aus der deutschen Geschichte und die DDR das letzte und traumatischste Beispiel eines langen Prozesses. Im Falle des Osmanischen Reiches begann die territoriale Schrumpfung im 18. Jahrhundert, aber es war der Verlust des Balkans, der der politischen Elite und der muslimischen Bevölkerung die schmerzlichste kollektive narzisstische Kränkung zufügte. Dieses [216] Gefühl der Panik und Angst vor dem Untergang ist am folgenden Zitat von Celal Nuris, eines der führenden Jungtürken, feststellbar: »Ich bin unfähig, unsere Furcht weiter zu erklären. Die ganze Welt ist unser Feind, die ganze Welt der Ungläubigen.«[7]
Die Staatenbildungsprozesse verliefen im Osmanischen Reich und in Deutschland im Vergleich zu der Mehrheit der europäischen Staaten in umgekehrter Richtung[8], in Richtung der Schwäche der Zentralmacht und der Stärke der zentrifugalen Machtzentren, nicht zuletzt auch durch die für die damalige Herrschafts- und Kommunikationstechnik riesige geographische Ausdehnung. Während Länder wie z, B. England, Schweden, Frankreich sich vom feudalen mittelalterlichen Ständestaat in integrierte und zentralisierte absolute Monarchien verwandelten[9], verlagerten sich in Deutschland die Machtgewichte allmählich von der Integrationsebene der Kaiser auf die Landesfürsten. D. h., im Gegensatz zu der wachsenden Zentralisierung anderer europäischer Gebiete erlebte das Deutsche Reich einen Zerfall der Zentralgewalt. Nicht anders im Osmanischen Reich: Ab dem 17. Jahrhundert entglitt das Gewalt- und Steuermonopol der Zentralmacht zunehmend[10], auch wenn sie in der Geschichte des Osmanischen Großreiches nie vollständig zentralisiert werden konnte. Charakteristisch für das 17. und 18. Jahrhundert sind die marodierenden wehrhaften Banden, die gegeneinander und gegen den Zentralstaat kämpften, während die westeuropäischen Staaten bedeutende Zentralisierungsschübe erlebten. Auch Deutschland wurde im 17. Jahrhundert zum Hauptkriegsschauplatz. auf dem die Herren und Heere anderer katholischer und protestantischer Länder ihre Vormachtkämpfe austrugen lind landesherrliche Heere sich bekämpften. Im Dreißigjährigen Krieg verlor Deutschland ein Drittel seiner Bevölkerung. Summa summarum bleiben beide Gesellschaften im Zivilisierungs- und Pazifizierungsgrad und in der Stärke der Zentralgewalt weit hinter den europäischen Standards zurück.
Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Königin von Preußen zum Symbol der deutschen Erniedrigung, als sie vor den in [217] Deutschland hereinbrechenden napoleonischen Revolutionsheeren floh. Es folgte eine idealisierende Hochbewertung der militärischen und kriegerischen Leistungen und Erfolge der sogenannten Befreiungskriege 1812-1814[11] Die politische Einigung Deutschlands gelang schließlich nicht durch den Machtaufstieg des Bürgertums, sondern durch einen Sieg über Frankreich unter Führung des Militärs und des Adels. D. h., als 1870 die politische Einheit mit Hilfe eines gewonnenen Krieges gegen Frankreich erzielt werden konnte, war der Sieg der deutschen Heere zugleich ein Sieg des deutschen Adels und des Kriegskanons über das deutsche Bürgertum. Der Vorrang des Militärs, die Stellung des Kriegs- und Beamtenadels als die mächtigste und prägende Schicht der deutschen Gesellschaft, wurde zementiert. Der Hohenzollernstaat trug alle Kennzeichen eines Militärstaates an sich. Die Ausdehnung des Kriegskanons in die gesamte Gesellschaft hinein ist nachweisbar an der Ausweitung der satisfaktionsfähigen Gruppen, am Aufblühen des Duells und der schlagenden Studentenverbindungen.[12] Das schwache Bürgertum, das sich an den Kriegskanon assimilierte, partizipierte an der Romantik der Macht und Verherrlichung der Gewalt: Eine Verrohung und Brutalisierung der deutschen Gesellschaft kennzeichnete sowohl das wilhelminische Kaiserreich als auch die Weimarer Republik nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs
Eine ähnliche politische Gewaltstruktur setzte sich etwa zeitgleich im Osmanischen Reich durch. Im Osmanischen Reich begann die Modernisierung und Verwestlichung der Bildung zuerst im Heereswesen. um die militärische Unterlegenheit gegenüber den europäischen Mächten und die territorialen Verluste umzukehren.[13] Somit behielten, verfestigten die Militärs ihre prägende Vorbildfunktion im Osmanischen Reich sogar, das sich ab dem Ende des 18. Jahrhunderts der europäischen Technologie und Zivilisation öffnete. Sowohl die erste, kurzlebige Verfassung von 1876 als auch die Revolution 1908 und die zweite Verfassung wurden durch die Armee durchgesetzt. Die Gründer und Führer der Jungtürken und ihrer Organisation »Einheit und Fortschritt« [218] waren Offiziere, die eine politische Kultur der Gewalt erzeugten und legitimierten.[14] Die Instrumente des Tötens, die Waffen und Gewehre wurden öffentlich verherrlicht. Die den Jungtürken nahe stehenden Provinzzeitungen trugen die Namen »Gewehr« (Silah), »Bajonett« (Süngü), »Gewehrkugel« (Kursun), »Messer« (Bicak) oder »Bombe« (Bomba). Die in Literatur und Presse arn häufigsten benutzten symbolischen und politischen Begriffe waren Blut, Kampf, Vergeltung und Rache an inneren und äußeren Feinden. Das Aufnahmeritual der Organisation »Einheit und Fortschritt« in Mazedonien stellte die Sakralisierung und libidinöse Besetzung der Gewalt sehr plastisch dar: Es bestand darin, auf einen Revolver und das Heilige Buch zu schwören und dem Todesinstrument einen Kuss zu geben.[15]
Die Weimarer Republik und die Herrschaftszeit der Partei »Einheit und Fortschritt« nach der offiziellen Machtübernahme 1913 weisen große strukturelle Ähnlichkeiten auf. Die führenden deutschen Militärs verfolgten auch in der Weimarer Republik ihre eigenen politischen Ziele und stellten einen bedeutenden Machtschwerpunkt dar. Die Zersetzung des staatlichen Gewaltmonopols von innen her, seine Aushöhlung durch Tenorakte in der Weimarer Republik, die sich als Epoche von Wehrverbänden, Geheimbünden lind gewalttätigen außerparlamentarischen Machtkämpfen auszeichnete, war auch für die Jungtürkenherrschaft charakteristisch.[16] Die Organisation »Einheit und Fortschritt« blieb bis zur Machtergreifung 1913 eine Untergrundorganisation, Eigene Guerillakriegs- und Gewalterfahrungen der Führungskader der mazedonischen Jungtürken wurden in der Folgezeit auf das politische Regime übertragen: Die Methode der öffentlichen Exekutionen von Opponenten, Rebellen und Deserteuren am Schlachtfeld fand ihre Kontinuität nach der Machtübernahme in der Praxis der Attentate auf Regimekritiker. Ganz nach der Tradition der Balkanguerillas wurden paramilitärische Gruppen zur Ausführung der politischen Morde ins Leben gerufen. Der im Bündnis beschrittene Weg in die kollektive Katastrophe des Ersten Weltkriegs erfolgte für [219] beide Staaten durch die Größenwahnphantasien und Sehnsüchte der politischen Elite beider Länder nach der Wiedererlangung verlorener Vorrang- und Machtstellung. Dieser revanchistische Größenwahn speiste sich weiterhin nicht unwesentlich aus Demütigungen, die sie auf der internationalen Ebene erfuhren; Deutschland nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg, das Osmanische Reich als Spielball europäischer Mächte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nach dem Ersten Weltkrieg
Die im Rahmen des staatlichen Modernisierungsprojektes in die westliche Zivilisation eingeführte Gruppe der Militär- und Zivilbürokratie wurde die Trägergruppe der Begriffe »Verwestlichung« (Garplılaşmak), »Zivilisation« (Medeniyet) und »Entwicklung« (Tekâmül, terakki) und nicht das Bürgertum oder Intellektuelle, wie in Europa. Die Degeneration dieser Begriffe in autokratische Programmworte der herrschenden, sich mit dem Staat identifizierenden Schichten in der Allmachtsvorstellung, die Gesellschaft nach den neuen Zielen des Staates beliebig gestalten und modellieren zu können – ging mit einer elitären Ideologie und Haltung zum »Volk« einher, die noch heute am Verhalten der Staatsdiener gegenüber den Bürgern ablesbar ist. Sie werden als passive Objekte des Entwicklungs- und Zivilisierungsprojektes betrachtet. Aus dem Jahr 1890 ist belegt, dass die Kadetten in geschlossenen Bildungsanstalten von Goltz Pascha, einem preußischen Offizier in türkischen Diensten, eingehämmert bekommen haben, dass sie die Auserwählten, die Elite ihres Landes seien.
Die Figuration zwischen dem Osmanischen Reich, das als der letzte formal unabhängige – formal nicht kolonisierte – Staat im 19. Jahrhundert gegenüber Europa die islamische Zivilisationssphäre verkörperte, und den europäischen Mächten war eine Etablierten-Außenseiter-Figuration[17]: Die osmanische Elite war seit dem Beginn der Modernisierung mit einer unentrinnbaren Hassliebe an die europäische Zivilisation gebunden. Man hasste einerseits die Übermacht Europas und seine zivilisatorischen Leistungen, Schlüsselbegriffe, die im 19. Jahrhundert von den westlichen Großmächten als Herrschaftsinstrumente gegen den Rest der Welt eingesetzt und instrumentalisiert wurden, aber man nahm zugleich diese Symbole der Macht als Standards, als Vorbild, als fragloses Ziel an. Die ambivalente Haltung der osmanischen Elite zur [220] »europäischen Zivilisation«, ja sogar das Gefühl der Bedrohung, das den Begriff umhüllte, weil das Vorbild sich im Laufe der Geschichte als Angreifer, Feind bzw. Gegner entpuppte, manifestieren sich in folgenden Worten des Historikers und Staatsmannes Cevdet Pasa:
»Modern civilization does not have any pity on those who are not civilized, The law of evolution is a law without compassion and understanding. It condemns to oblivion the weak, the ignorant and the incompetent. Jean Jacques Rousseau said might does not make right. True, but to make might elicit right is only possible again with might.«[18]
Zivilisation und das Gesetz der Entwicklung werden hier in einer machtbesessenen personifizierten Form beschrieben. In einer Stellungnahme zur Eroberung Marokkos 1905 heiß, es:
»The civilization of our times is a mighty flood which has forced a channel through Europe and utterly demolished every obstacle it finds in its way. The Moslem people must refrain from resisting this flood of civilization. They can preserve their national existence only by following this current.«[19]
Was in dem Zitat auffallt, ist die Metapher der Überflutung, einer Naturkatastrophe, die unkontrollierbar und unaufhaltsam hereinbricht: Zivilisation erscheint als ein unbesiegbarer, unentrinnbarer Zwang. Je stärker die Umbrüche in der Geschichte, je stärker ein kollektives Gefühl der existentiellen Bedrohung von außen auf der zwischenstaatlichen Ebene ist und je unaufhaltsamer der Abstiegs- und Untergangsprozess des eigenen politischen Verbandes erscheint, desto geringer bleibt die Neigung zur Deutung der Entwicklung als einem eigengesetzlichen Wandel oder als einer auf eine bessere Zukunft gerichteten Entwicklung. Angst, Furcht und Bedrohung fördern ein engagiertes, emotionalisiertes Denksystem. das nach konkreten Urhebern und Schuldigen sucht.[20]
Diese kollektive Psychose ist noch heute in der Türkei und in vielen anderen weniger entwickelten Gesellschaften nicht überwunden. Die [221] große furchterregende internationale Machtungleichheit und zwischenstaatliche Gewalt des 19. und 20. Jahrhunderts erweisen sich m. E. als ein starker Denkzwang auf weniger mächtige Staaten in der Globalisierung von Schlüsselbegriffen der Machtzentren wie »Entwicklung« und »Zivilisation«.
Ich werde nicht weiter auf den offenkundigen Unterschied zwischen den beiden Ländern eingehen, dass die Türkei nach der Gründung der Republik in allen Kriterien der Entwicklung sich als Entwicklungsland auszeichnete und Deutschland nicht, so dass die Bundesrepublik Deutschland nach der kurzen Wiederaufbauperiode nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Platz unter den mächtigeren Nationen der Welt wieder einnehmen konnte/'Ich betrachte das Tempo des Demokratisierungsprozesses als den signifikantesten Unterschied zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei: Die Entmachtung des Militärs und die von außen induzierte Entnazifizierung und Entmilitarisierung der deutschen Gesellschaft konstituierte einen unumkehrbaren Einschnitt in die gesellschaftlichen Machtverhältnisse. Die frühe Einbindung in Europa in diesem Demokratisierungsschub war sein wichtigster Garant. Anders in der Türkei: Am Anfang der Nationalstaatsgründung aus den Trümmern des Osmanischen Reiches, d. h. der nationalen Souveränität, stand der Kriegserfolg der Militärs, die in der ersten Phase der Republik alle wichtigen Kommandoposten und Staatsämter einnahmen. Im Gegensatz zum verlorenen Ansehen des Militärs in Deutschland nach der Katastrophe d.er NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs genoss und genießt die türkische Armee eine hohe Machtstellung, Achtung und Dankbarkeit. Sie definiert sich nach wie vor als der Garant der territorialen Integrität, der Atatürkischen Reformen, folglich auch der westlichen Orientierung und des Laizismus. Laut öffentlichen Meinungsforschungen gilt sie als vertrauenswürdigste Institution.
Ferner wurde der türkische Unabhängigkeitskrieg und die Gründung der Republik in kriegerischer und ideeller Gegnerschaft gegen die europäischen Mächte durchgesetzt. Die kollektiven Erinnerungen an den »nationalen Sieg« gegen die »europäischen Feinde«, an den Unabhängigkeitskrieg, sind noch recht lebendig. Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland in den fünfziger und sechziger Jahren steht die Türkei am Anfang des institutionellen und politischen Integrationsprozesses in Europa. Aber genauso wie in der Geschichte der Bundesrepublik [222] wird auch der Demokratisierungsprozess in der Türkei, sein Erfolg und sein Tempo, von ihrer kontinuierlichen, fortschreitenden Aufnahme in die europäische politische, kulturelle und wirtschaftliche Sphäre, in die Europäische Union abhängen. Nicht die Ausgrenzung sondern die Integration war immer die treibende produktive Kraft der Geschichte un der Gesellschaft.
[1]      Elias, Norbert, 1990: Studien über die Deutschen: Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt am Main
[2]      Elias, Norbert, 1970: Was ist Soziologie? Weinheim/München, 1991, S. 152.
[3]      Kuschner, D., 1977: The Risc of Turkish Nationalism 1876-1908, London/New Jersey.
[4]      Arai,. M., 1992: Turkish Nationalism in the Young Turk Era, Leiden, und Elias, N., 1990, a.a.O.
[5]      Kürşat-Ahlers, Elçin, 1995: Die Brutalisierung von Gesellschaft und Kriegsführung im Osmanischen Reich während der Balkankriege (1903-1914). Brutalisierung der Gesellschaft und literarische Intelligenz. In: Gestrich, A., Hrsg., 1995: Gewalt im Krieg: Ausübung, Erfahrung und Verweigerung von Gewalt in Kriegen des 20. Jahrhunderts. Jahrbuch für Historische Friedensforschung 4. Münster 1995. S. 51-74.
[6]      Elias, Norbert / Scotson, John L., 1993: Etablierte und Außenseiter. Frankfurt am Main. S. 44-45, 147.
[7]      zitiert in: Kürşat-Ahlers, E., 1996.
[8]      Kürşat, Elçin, 2003: Der Verwestlichungsprozeß des Osmanischen Reiches im 18. und 19. Jahrhundert. Zur Komplementarität von Staatenbildungs- und Intellektualisierungsprozessen. »ZwischenWelten: Theorien, Prozesse und Migrationen«, 2003, Frankfurt am Main, Bd. 1, S. 260-341.
[9]      Tilly, Ch., 1990: Coercion, Capital and European States. AD 900-1990. Oxford.
[10]    Faroqhi, S., 1993: Räuber, Rebellen und Obrigkeit im osmanischen Anatolien. In:  Rothermund, D., Hg.: Periplus 1993, S. 31-45.
[11]    Elias, N., 1990, a.a.O.
[12]    Kürşat, Elçin, 2004:  Zur Verpflichtung der Ehre. In: Kolago, L., 2004, Hg.: Studien zur Deutschkunde, XXVII. Bd., Universität Warschau, Germanistisches Institut, Warschau, S. 77-90.
[13]    Kürşat, Elçin, 2003, a.a.O., S. 408-.480; Davison, R. H., 1963: Reform in the Ottoman Empire 1856-1876, Princeton.
[14]    Dakag, M., 1998: Jungtürkische Visionen und der Völkermord an den Armeniern. In: ders, u. Platt, K., Hg.: Genozid und Moderne. Strukturen kollektiver Gewalt im 20. Jahrhundert, Bd. I. Opladen, S. 152-205.
[15]    Kürşat-Ahlers, Elçin, 1996, a.a.O.
[16]    Ramsaur, E. E., 1957: The Young Turks-Prelude to the Revolution 1908, Princeton, New York; Akçam, T., 1993: Türk Ulusal Kimliği ve Ermeni Sorunu. İstanbul.
[17]    Elias, N. u Scotson, J. L., 1965,a.a.O.
[18]    Zitiert nach: Mardin, Ş., 1969: Continuity and Change in the Ideas of the Young Turks. Occasional Papers, Ankara, S. 13.
[19]    Ibid, S. 21.
[20]    Elias, N., 1970.
Kürşat, Elçin, 2005: Deutscher und türkischer Staatenbildungsprozess. Ein Vergleich. In: Jüttner, Wolfgang, 2005, Hrsg.: Leitlinien politischen Handelns: Freundesgabe für Rolf Wernstedt zum 65. Geburtstag. Hannover: Offizin-Verlag. S. 214-222 (Durchgesehene Fassung).

 
 
 

Dariusz Adamczyk:


Vorwort


Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hannover beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Geschichte und Gegenwart Polens. Dies geschieht in Vorträgen von polnischen und deutschen Experten wie in Seminaren, an denen auch Mitglieder unserer Gesellschaft teilnehmen.

Nach einem bereits mehrere Jahre zurückliegenden Ansatz entstand in Gesprächen mit Lothar Nettelmann und Gerhard Voigt der Plan, sich erneut mit dem Thema „Politische Kultur“ zu befassen. Nicht zuletzt die Verschiebungen und Veränderungen der politischen Kultur in Polen seit der Mitte der 2000er Jahre lagen diesem Konzept zugrunde. Sie waren es, die die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hannover angeregt haben, zusammen mit der Ada und Theodor Lessing-Volkshochschule Hannover ein Seminar abzuhalten. Es fand am 24. März 2012 im Rahmen der Reihe »Begegnung mit Polen« statt. Die Veranstaltung trug den Titel:

»Die politische Kultur in Polen 20 Jahre nach der Wende:
innen- und außenpolitische Aspekte«

Die Ergebnisse dieses sehr gut besuchten Seminars, ergänzt um das Referat von Janusz Tycner, sollen nun mit der vorliegenden Arbeit veröffentlicht werden.

Samstag, 15. September 2012

Zu den aktuellen Konflikten in der arabischen Welt

Zu den aktuellen Konflikten in der arabischen Welt
 
Die historischen Hintergründe sind mit dem Hinweis auf die imperialistische Penetration zu oberflächlich beschrieben. Hier können die älteren historischen Gründe für den Machtgewinn der europäischen Staaten nicht hinreichend geklärt werden. Ansätze dazu habe ich beschrieben in: Voigt, Gerhard, 1986: Industrialisierung in England und Algerien. Das Vergleichen von Entwicklungen. Quelle: Praxis Geographie 11/1986, S. 19 23. Wichtiger ist die Neuordnung der Machtverhältnisse durch die Herausbildung der „Semiperipherien“, wie sie analysiert werden in: Wallerstein, Immanuel, 1974: The Modern World-System: Capitalist Agriculture Hand the Origins of the European World-Economy in the Sixteenth Century. New York. – und speziell bezogen auf die Türkei in: Wallerstein, Immanuel / Decdeli, Hale / Kasaba, Resat, 1984: Die Inkorporation des Osmanischen Reiches in die Weltwirtschaft, in Jahrbuch zur Geschichte und Gesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients. S. 397-417.

Es besteht daraufhin eine Dialektik zwischen zunehmenden äußeren Einflüssen und der gesellschaftlichen Wahrnehmung in den betroffenen Ländern selbst, wie sie z.B. großartig beschrieben wird in einem neuen biographisch-historischen Roman aus Iran: Shakib, Siba, 2011: Eskandar. Roman. München. Wilhelm Goldmann Verlag (Goldmann Taschenbuch 47108). {© Siba Shakib, 2009.}

Damit ist aber noch nicht geklärt, warum hier z.B. Iran so wenig eigene Widerstandskraft aufbrachte – vor allem, da ja keine militärische Okkupation erfolgt war – und ein zunehmender „Nachhinkeffekt“ in der gesellschaftlich-politischen Situation eintrat, wie er genauer analysiert wird in: Alikhani, Behrouz, 2012: Institutionelle Entdemokratisierungsprozesse. Zum Nachhinkeffekt des sozialen Habitus in Frankreich, Iran und Deutschland. Wiesbaden (VS Springer).

Alikhani untersucht hierbei vor allem auch die inneren Konflikte und Machtkonkurrenzen in Iran und den Aufstieg der Pahlawi-Dynastie Anfang des 20. Jahrhunderts nach dem Scheitern der  „konstitutionellen Revolution“. Doch in Bezug auf die Kadscharen-Dynastie spricht er durchaus von einer „halbkolonialen Situation“ Irans.

Betrachten wir die Probleme des Zusammenhangs von „Soziogenese“ bei der Herausbildung der modernen Staatsgesellschaft – die ja interessanterweise bei allen Staaten der Peripherien und Semiperipherien als erstrebenswertes Modell angesehen wird, wenn auch in der Interessenlage bezogen auf die jeweiligen Herrschenden – und der damit verbundenen „Psychogenese“ – eine Erklärung, die sich am Zivilisationsmodell von Norbert Elias orientiert – so treffen wir auf fundamentale Ungleichzeitigkeiten und gesellschaftliche Widersprüche, die mit einem einfachen Konfrontationsmodell zwischen dem „Westen“ und z.B. den „arabischen Staaten“ auch nicht im Ansatz hinreichend geklärt werden können. Aus Algerien soll als aufschlussreicher biographischer Roman hier genannt werden: Khadra, Yasmina, 2011: Die Schuld des Tages an die Nacht. Roman. Aus dem Französischen von Regina Keil-Sagawe. Berlin 2011 Ullstein Buchverlage (List Taschenbuch 61022). {Ce que le jour doit à la nuit. Paris 2008.}

Heute muss wohl festgehalten werden, dass die „Konfrontationsmodelle“ wenig mit realen heutigen Interessenkonflikten zu tun haben, sondern sehr bewusst funktionalisiert werden für innenpolitische Machtkonflikte, wobei natürlich die Stabilität demokratischer Institutionen Maßstab für die Chancen von „spontanem Volkszorn“ darstellen, wobei weder die Provokation noch die aggressive Massenreaktion auch nur ansatzweise Zeichen der Informiertheit und Problemlösung aufweisen sondern zeigen, dass ein Konflikt von beiden Seiten gewünscht wird…

Freitag, 14. September 2012

Eine Fundsache von Jalil Mostafawi aus den USA:
Subject: Muslims are not happy

They’re not happy in Gaza
They're not happy in Egypt
They're not happy in Libya
They're not happy in Morocco
They're not happy in Iran
They're not happy in Iraq
They're not happy in Yemen
They're not happy in Afghanistan
They're not happy in Pakistan
They're not happy in Syria
They're not happy in Lebanon
So, where on earth are they happy?
They're happy in Australia
They're happy in England
They're happy in France
They're happy in Italy
They're happy in Germany
They're happy in Sweden
They're happy in the USA & Canada
They're happy in Norway
They're happy in almost every country that is not Islamic!
And who do they blame?
Not Islam...
Not their leadership...
Not themselves...
THEY BLAME THE COUNTRIES THEY ARE HAPPY IN
And they want to change the countries they're happy in,
to be like the countries they came from,
where they were unhappy.
Try finding logic in that !

Donnerstag, 6. September 2012

Die Kommunikationsgemeinschaft, die sich in Sachen Religion unter den Bedingungen eines demokratisch-liberalen Rechtsstaats abzeichnet, ist eine Übersetzungsgemeinschaft. Den religiösen wie den nichtreligiösen Bürgern wird dabei einiges zugemutet.

Donnerstag, 24. Mai 2012

Ich verweise auf das interessante Buch von Siba Shakib
"Eskandar"
http://nicsbloghaus.org/2011/06/18/siba-shakin-eskandar/

Freitag, 27. April 2012


»Wir werden die Demokratie noch eine ganze Weile lernen müssen. Das fängt an beim Respekt für die Meinung anderer. Eine Demokratie braucht auch Parteien, die wirklich demokratisch funktionieren, anders als die Parteien, die wir heute haben. Als algerischer Bürger würde ich sagen, dass Ruhe einkehren muss, Frieden ist dringend nötig, wenn auch schwierig. Denn ohne Gerechtigkeit wird es keinen Frieden geben. Realistisch gesehen haben wir aber keine unabhängige Justiz in Algerien. Deshalb wird jedes Urteil jeweils nur von einer Seite akzeptiert werden und nicht von der anderen. Eine unabhängige Justiz ist in weiter Ferne. Trotzdem müssen wir anfangen mit dem Frieden und sehen, wie man nach und nach auch Gerechtigkeit herstellen kann. Wir dürfen nicht länger warten.«
Aus einem Interview mit Hamid Skif – algerischer Schriftsteller – im Deutschlandradio Kultur am 22.11.2005.